Nach dem Zweiten Weltkrieg lagen sowohl in Deutschland als auch in
Österreich die Naturwissenschaften am Boden. Die besten Leute waren
Jahre zuvor ausgewandert, den Rest teilten sich nach Kriegsende die
Amerikaner und die Sowjetunion unter sich auf. Im Laufe der Jahre gelang
es Deutschland unter großen Anstrengungen und in Zusammenarbeit
mit den Amerikanern, die Naturwissenschaften wieder aufzubauen. Die
Zahl der Nobelpreisträger spricht eine klare Sprache. In den klassischen
Hochleistungssparten Medizin, Chemie und Physik gab es nach dem 2. Weltkrieg
für Deutschland 32, für Österreich hingegen nur zwei
oder drei Nobelpreise – je nach nationaler Zuordnung. Die kleine
Schweiz brachte in den genannten Fächern zur gleichen Zeit 14 Nobelpreise
zustande.
Schlimmer noch: Die österreichischen Nachkriegs-Nobelpreise waren
gewissermaßen geliehen, denn sie waren im Ausland erarbeitet worden.
Wolfgang Pauli hatte seine Theorien vor dem Zweiten Weltkrieg in den
USA und in der Schweiz gewonnen, wo er als Schweizer Staatsbürger
auch starb. Max Perutz emigrierte früh und war in England erfolgreich
und Konrad Lorenz, dessen bahnbrechende Erkenntnisse nur von Biologen
verstanden werden, hatte seine Forschungsarbeiten in Deutschland gemacht.
Eric Kandel, der im Jahr 2000 auch ein wenig als österreichischer
Nobelpreisträger gefeiert worden war, hatte als elfjähriger
jüdischer Bub gezwungenermaßen auswandern müssen. In
Österreich entstand im letzten halben Jahrhundert keine einzige
nobelpreiswürdige Arbeit.
Was ist schief gelaufen? Es ist nicht nur die vernachlässigte
Wissenschaftspolitik der letzten fünfzig Jahre, die zu falschen
Sparmaßnahmen geführt hat. Es ist auch eine wissenschaftsfeindliche
Grundstimmung, verbunden mit der arroganten Einstellung in Österreich,
die bereits in der Mitte des 19. Jahrhunderts dazu geführt hatte,
dass ein Mönch namens Gregor Mendel (der Begründer der modernen
Genetik) an der Universität Wien kein Abschlussdiplom erhielt,
weil ein Professor der Meinung war, ein Geistlicher solle nicht Biologie
betreiben.
Es schaut immer noch düster aus: Die Vertreter einer scheinheiligen
Bildungspolitik tragen die „Chancengleichheit“ wie ein Mantra
vor sich her und meinen in Wahrheit Ergebnisgleichheit. Wahre Chancengleichheit
wäre in der Tat wünschenswert, Ergebnisgleichheit ist abwegig.
Nobelpreisträger und andere leistungsbereite Menschen kommen nicht
aus Allerweltsbetrieben, sondern aus Eliteschmieden in einem innovations-
und leistungsfreundlichen Umfeld. Letzteres ist in Österreich kaum
vorhanden. Nicht nur für Jahre - für Jahrzehnte werden in
Österreich bestenfalls zufällig Nobelpreise zustande kommen.