Welt der Naturwissenschaften
(Scientific Medley)

 Jahresübersicht 2021

Die glücklichen Sklaven sind die erbittertsten Feinde der Freiheit.
(Marie von Ebner-Eschenbach)


20. April 2024


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BRANDOLINIS GESETZ


In der Psychologie gibt es den Begriff des „motivated reasoning". Das lässt sich mit „motivierte Schlussfolgerung" oder „motiviertes Denken" übersetzen. Man versteht darunter die wechselseitige Beeinflussung von Motivation und Denken. Wird einem bestimmten Ergebnis der Vorzug gegeben (die Motivation), dann wird der Denkprozess automatisch und unbemerkt in die gewünschte Richtung gelenkt. In der Folge kommt es zwangsläufig zu systematischen Fehlern beim Abrufen und Bewerten von Informationen. Dies ist der erste und wichtigste Schritt zur Produktion einer Verschwörungstheorie. Die radikalen Impfgegner, die sich regelmäßig in den sozialen Netzwerken und per Leserbrief zu Wort melden, sind Paradebeispiele dafür. Würde man ihre Argumente gegen das Impfen ernst nehmen, dann dürfte niemand mehr gezuckerte Limonaden, Würste oder Obstler konsumieren. Deren Folgen sind gefährlicher für unsere Gesundheit als jeder Impfstoff.

Andere Verschwörungstheorien halten sich genauso hartnäckig, wie etwa das Märchen von der erfundenen Mondlandung. Es ist unendlich schwierig, gegen Verschwörungsmärchen anzurennen. Diese Tatsache wird als „Brandolinis Gesetz" - auch „Bullshit-Asymmetrie-Prinzip" - bezeichnet. Es war 2013 erstmals formuliert worden. Das Gesetz geht auf den italienischen Informatiker Alfredo Brandolini zurück, dessen Erkenntnis in einem Satz zusammengefasst werden kann: „Das Widerlegen von Schwachsinn erfordert eine Zehnerpotenz mehr Energie als dessen Produktion."

Berlusconi

Brandolini nannte als Ursprung seines Gesetzes die italienische Politik, insbesondere aber Fernsehdiskussionen mit Silvio Berlusconi. Filterblasen sowie die Zunahmen von Fake News im Internet führten zu einem Bekanntwerden von Brandolinis Gesetz, das 2016 sogar in der Fachzeitschrift „Nature" zitiert wurde. Systematische wissenschaftliche Untersuchungen bestätigten den Befund: Es ist schwierig, begeisterte Anhänger von Falschmeldungen mit Richtigstellungen zu erreichen. In den meisten Fällen ist es unmöglich.

Der deutsche Physiker und Nobelpreisträger Max Planck hat einmal gesagt, dass neue Wahrheiten sich nicht durch die Überzeugung der Gegner durchsetzen, sondern erst nach deren Aussterben. Das ist der Grund, warum die Naturwissenschaften erfolgreich sind. Forscher kümmern sich fast nie um Stellungnahmen von Ideologen, Esoterikern und Verschwörungssekten. Hätten sie das getan, dann gäbe es die Wissenschaften nicht. Die Corona-Impfstoffe werden weltweit produziert und verabreicht. COVID wird dadurch besiegt werden, und die Karawane der Wissenschaft wird wie seit Jahrhunderten ungerührt weiterziehen.



© 2021 Rudolf Öller, Bregenz  [/2021/roe_2103]


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Helden der Wissenschaft:
Trofim Denissowitsch Lyssenko
1898-1976)
darf als Beispiel dafür dienen, dass es auch unter den Wissenschaftlern Verrückte, Intriganten und Unterstützer von Massenmördern (Stalin) gab und gibt.

Silvia liest

Rudolf Oeller:

"Theke, Antitheke, Syntheke"
(Thriller über eine tragikomische Stammtischrunde auf dem Weg in den Tod)
Verlag novum, Zürich. ISBN 978-3-99130-025-0

"Wir waren eine großartige Bande von Stammtischbrüdern an der deutsch-österreichischen Grenze, auch zwei Stammtischschwestern waren dabei. Wir pfiffen auf alle Corona-Bestimmungen und trafen uns an jedem Freitag – eine verschworene Truppe, fast schon ein Dream Team. Drink Team trifft es allerdings besser. Voll Hoffnung starteten wir ins Coronajahr 2020, am Ende wurde es eine teils fröhliche, teils depressive Reise in den kollektiven Tod."

Das Buch ist bei Amazon, bei anderen Online-Händlern, beim Verlag und auch im Buchhandel erhältlich.

Interview zum Buch