Welt der Naturwissenschaften
(Scientific Medley)

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Die Volksbegeisterung in unsern letzten Freiheitskriegen ward wie die Jungfrau von Orleans unter ihrer eigenen Fahne begraben.
(Wolfgang Menzel)


28. März 2024


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NOBELPREISE 2017: MEDIZIN


Es ist bekannt, dass Pflanzen und Tiere eine innere Uhr besitzen. Schon im 18. Jahrhundert war einem Botaniker aufgefallen, dass Mimosen einen Tag-Nacht-Rhythmus zeigen, auch wenn sie vorübergehend im Dunklen gehalten werden. Sie scheinen auch ohne Sonnenschein zu wissen, wann Tag und Nacht wechseln.

Menschen, die sich für die Wissenschaft freiwillig in Klausur begeben, müssen auf keinen Komfort verzichten außer auf Zeitgeber wie Uhren und Mobiltelefone. Sie leben nach einer konstanten inneren Uhr, auch wenn ihnen durch künstliches Licht ein 20-Stunden-Tag vorgegaukelt wird. Wer schon einmal einen Langstreckenflug von der amerikanischen Westküste nach Mitteleuropa gemacht hat, weiß, wie unangenehm es sich anfühlt, wenn der natürliche Rhythmus durch eine neunstündige Zeitverschiebung gestört wird.   

Die Frage, welche chemisch-biologischen Mechanismen die innere Uhr steuern, blieb lange ungelöst. Das Gen "period" bei der Fruchtfliege Drosophila war schon länger bekannt, auch seine Lage auf einem Chromosom, aber die genaue Funktion lag im Verborgenen. Die beiden Biologen Jeffrey Hall und Michael Rosbash konnten das Gen 1984 isolieren und das entsprechende Protein analysieren. Dabei stellte sich heraus, dass das vom Gen erzeugte Protein "PER" mit dem Gen wechselweise im Zusammenhang steht. Wird zu viel PER erzeugt, so wird die Produktion gedrosselt. Das bewirkt eine Art biochemisches Pendel. Die innere Uhr war damit gefunden. Als die drei Biologen den Mechanismus genauer untersuchten, entdeckten sie weitere Gene, wie etwa "timeless", die am Rhythmus der inneren Uhr beteiligt sind.  

Während die Biologen immer tiefer gruben, stellten sie fest, dass die innere Uhr nicht nur das Gehirn, sondern auch viele Organe, darunter besonders den Darm, steuert. Die Vermutung, dass eine jahrelange Störung der Tagesrhythmen, wie etwa Schichtarbeit, die Gesundheit schädigen kann, konnte jetzt bestätigt werden. Es wurden die entsprechenden Mechanismen dazu entdeckt und analysiert. Zusätzlich konnte gezeigt werden, dass Medikamente nicht zu jeder Tageszeit die gleiche Wirkung entfalten. Die Entdeckung der inneren Uhr wird somit die Medizin, vor allem die Medikation, entscheidend verbessern helfen.

Der mit einer Million Euro dotierte Medizinnobelpreis dieses Jahres geht an drei Amerikaner. Jeffrey Hall, geboren 1945 in New York, ist ein Genetiker, der auch schon über den amerikanischen Bürgerkrieg publiziert hat. Michael Rosbash, geboren 1944 in Kansas City, ist Nachkomme deutscher Einwanderer und ein Biologe und Chemiker. Michael Young, geboren 1949 in Florida, ist Arzt. Er interessierte sich schon als Kind für biologische Rhythmen.




© 2017 Rudolf Öller, Bregenz



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Helden der Wissenschaft:
Hermann von Helmholtz
(1821-1894)
war Arzt, Physiologe, Physiker, Philosoph, kurzum ein Universalgelehrter, wie es ihn heute nicht mehr gibt. Er war in der Medizin, in der Physik und in der Biologie zu Hause. Respekt!

Silvia liest

Rudolf Oeller:

"Theke, Antitheke, Syntheke"
(Thriller über eine tragikomische Stammtischrunde auf dem Weg in den Tod)
Verlag novum, Zürich. ISBN 978-3-99130-025-0

"Wir waren eine großartige Bande von Stammtischbrüdern an der deutsch-österreichischen Grenze, auch zwei Stammtischschwestern waren dabei. Wir pfiffen auf alle Corona-Bestimmungen und trafen uns an jedem Freitag – eine verschworene Truppe, fast schon ein Dream Team. Drink Team trifft es allerdings besser. Voll Hoffnung starteten wir ins Coronajahr 2020, am Ende wurde es eine teils fröhliche, teils depressive Reise in den kollektiven Tod."

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