Wir sehen sie nicht, wir hören sie nicht. Sie sind überall, sie haften an uns und sie beherrschen unsere Gedärme. Bakterien sind eine Weltmacht. Als Krankheitserreger sind sie gefürchtet, als Nutzwesen begehrt. Sie zersetzen Abfälle in Kläranlagen, mit ihnen stellen wir Joghurt her und inzwischen werden sie sogar gentechnisch manipuliert, damit sie Medikamente wie etwa Insulin, Interferon und Wachstumshormone herstellen. Diese gentechnisch erzeugten Medikamente haben weniger Nebenwirkungen, weil sie reiner sind als die klassisch produzierten.
Die Krankheitserreger unter den Bakterien sind die ganz großen Killer. Pest-, Diphtherie-, Syphilis-, Typhus-, Tuberkulose- und andere haben wahrscheinlich mehr Menschen hinweggerafft als Kriege. Sie sind noch lange nicht besiegt, wie die Wiederkehr von Cholera im Jemen soeben zeigt. Sir Alexander Fleming (1881 – 1955) erhielt 1945 den Nobelpreis für die Entdeckung des Penicillins. Dieses Medikament tötete Bakterien schnell, Nebenwirkungen wie allergische Reaktionen waren selten. Nach Penizillin wurden weitere antibakterielle Medikamente entdeckt und in Massen produziert, wie Tetracyclin, Amoxicillin, Doxycyclin und andere. Die Mikroben verloren ihren Schrecken, aber wieder einmal hatten die Menschen die Rechnung ohne den Wirt Natur gemacht.
Bakterien haben ein primitives Erbgut und unter günstigen Bedingungen eine sehr kurze Generationsdauer. Diese Eigenschaften sind die Ursache dafür, dass Bakterien sich schnell verändern können, wenn ein Selektionsdruck vorliegt. Salvador Edward Luria (1912 – 1991) und Max Delbrück (1906 – 1981) führten Untersuchungen durch, deren Resultate sie 1943 publizierten und 1969 dafür den Nobelpreis bekamen. Die Experimente, bei denen die Resistenzbildung von Bakterien erforscht wurde, zeigten, dass Mutationen in Bakterien spontan geschehen. Sie widerlegten damit die Hypothese, dass diese Mutationen als Reaktion auf geänderte Bedingungen in der Umwelt passieren. Luria und Delbrück konnten sogar die Mutationsrate der Bakterien bestimmen. Diese vor siebzig Jahren entwickelte Methode wird heute noch angewendet.
Das Luria-Delbrück-Experiment hätte eine Warnung sein müssen. Seit der Entdeckung und der massenhaften Anwendung der Antibiotika, auch in der Tierzucht, wurden unfreiwillig resistente Bakterienstämme gezüchtet, die heute nicht nur ein Problem, sondern eine ernste Bedrohung für die Menschheit darstellen. Vor Kurzem noch hochwirksame Medikamente verlieren allmählich die Wirkung, daher sind sich die besten Bakteriologen der Welt einig, dass die Gefahr einer globalen Superseuche noch nie so groß war wie jetzt.