Welt der Naturwissenschaften
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SCHNELLES UND LANGSAMES DENKEN |
Lösen Sie bitte folgende Aufgabe: Jemand kauft für seinen Sohn einen kleinen Baseballschläger samt Ball um 11,- $. Der Schläger kostet um 10,-$ mehr als der Ball. Wie viel kosten Schläger und Ball? Die Lösung folgt weiter unten. Der Psychologe und Wirtschaftsnobelpreisträger Daniel Kahnemann hat ein erstaunliches Buch geschrieben. „Schnelles und langsames Denken“ (Verlag Siedler, original: „Thinking, fast and slow“ bei Farrar, Straus & Giroux) ist ein literarisch-wissenschaftliches Meisterwerk über unsere geistigen Stärken und Schwächen, wie wir den Politikern und gewissen Medien immer wieder auf den Leim gehen und wie leicht dies zu bewerkstelligen ist. Kahnemann diagnostiziert bei menschlichen Entscheidungen zwei Systeme. System 1 reagiert schnell aufgrund angeborener Fähigkeiten und verschiedener Erfahrungen. System 1 ist evolutionär entstanden, hilft uns beim raschen Bewerten, ist aber leider fehleranfällig und erzeugt kein Warnsignal, wenn es falsch liegt. Intuitive Antworten fallen uns spontan ein und wirken oft überzeugend, weil bei uns allen System 1 immer funktioniert. System 2 erfordert systematisches Denken. Es ist langsamer, anstrengender, arbeitet aber genauer und zuverlässiger und produziert manchmal warnende Fehlermeldungen. Maßgebende Psychologen, großteils in den USA, haben in den letzten Jahrzehnten schnelles und langsames Denken gründlich erforscht. Kahnemann hat die Ergebnisse in seinem lesenswerten Buch zusammengefasst. Einen breiten Raum nehmen dabei die Medien und die Politik ein. Unser saloppes System 1 bedient sich im leicht abrufbaren Teil des Gehirns, und das wird in unserem hastigen Alltag von den Medien gefüttert. Was regelmäßig berichtet wird, setzt sich im Gedächtnis fest und ist daher Fastfood für System 1. Es ist daher nur logisch, dass alle Diktaturen zuerst einmal die Medien einkassieren oder zumindest unter Druck setzen. Medien freier Staaten neigen dazu, den Konsumenten das Leben nicht schwer zu machen und bedienen großteils System 1, das aber ist fehlerhaft. Leser, die diese Scheinwerfer-Kolumne regelmäßig lesen, beklagen sich gelegentlich, dass mancher Zugang mühevoll erscheint. Dies liegt daran, dass wir Zeitungen immer mit dem schnellen System 1 lesen, meine Kolumne aber dann und wann in den System 2-Modus schalten muss. Die Lektüre von Kahnemanns Buch zeigt, wie viele System-1-Denkfehler uns täglich unterlaufen. Haben Sie beim obigen Rechenbeispiel schnell errechnet, dass der Ball 1,- $ kostet? Das ist falsch. Die Hälfte der amerikanischen Studenten an Elite-Universitäten lag ebenfalls daneben. Man muss System 2 einschalten. Der Schläger kostet 10,50 $ und der Ball 50 Cent. |
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