Die Frage, wer erstmals die Idee hatte, die Spaltung schwerer Atomkerne
zum Bau von atomaren Vernichtungswaffen zu nutzen, kann heute beantwortet
werden. Es war nicht Albert Einstein (1879 – 1955), wie immer
wieder irrtümlich behauptet wird. Es waren zwei Physiker: Der Ungar
Leo Szilard (1898 – 1964) und der deutsche Werner Heisenberg (1901
– 1976).
Leo Szilard stammte aus einer bürgerlichen jüdischen Familie
aus Budapest. Die intelligenten Söhne und Töchter aus den
aufgeschlossenen, bildungsnahen jüdischen Familien wählten
im 19. und 20. Jahrhundert gerne die neu entstandenen Berufe der Moderne,
und dazu zählten die Wissenschaften und Künste. Schon früh
ging Szilard nach Berlin, wo er die Giganten der Physik, Max Planck
und Albert Einstein, persönlich kennen lernte. In Berlin löste
Szilard schwierige Fragen der Thermodynamik, worauf Einstein auf ihn
aufmerksam wurde. Nach der Machtergreifung der Nazis floh Szilard zunächst
nach Wien, später nach England. Die Idee, mit Hilfe freier Neutronen
eine atomare Kettenreaktion in Gang zu setzen, kam Szilard im September
1933 in London, also vor fast genau 75 Jahren und erstaunlicherweise
fünf Jahre vor der Entdeckung der Atomkernspaltung durch Hahn und
Meitner. Szilard entwickelte außerdem Methoden zur Trennung von
Nukliden, dies wird heute bei der Anreicherung von Uran verwendet. Weiters
beschäftigte er sich mit Fragen der Kernfusion, damit war er seiner
Zeit weit voraus. Später besuchten Szilard und sein Freund Edward
Teller den bereits weltberühmten Physiker Einstein in seinem Haus
in Long Island und überredeten ihn, Präsident Roosevelt den
Bau einer Atombombe zu empfehlen.
Werner Heisenberg war einer der bedeutendsten Physiker des 20. Jahrhunderts.
Mit seiner „Unschärferelation“, für die er 1932
den Nobelpreis erhielt, entwarf er nicht nur eine neue Theorie, sondern
erschütterte auch die Fundamente der Philosophie. Kein Philosoph
von Rang kann es sich heute leisten, Heisenbergs Lehre nicht zu kennen.
Während jüdische Physiker und ihre Schüler („Gesinnungsjuden“)
nach England oder Amerika emigrieren mussten, blieb der konservativ
gesinnte Heisenberg in Deutschland. Vor wenigen Jahren wurde in einem
Archiv der US-Army ein geheimes Schriftstück von Heisenberg gefunden
und publiziert. Heisenberg beschreibt darin im Detail die Technik der
Atomkernspaltung. Es heißt da unter anderen: „Die Anreicherung
von Uran-235 ist die einzige Methode, mit der die Maschine klein gegen
ein Kubikmeter gemacht werden kann. Sie ist ferner die einzige Methode,
um Explosivstoffe herzustellen, die die Explosivkraft der bisher stärksten
Explosivstoffe um mehrere Zehnerpotenzen übertreffen.“.