Welt der Naturwissenschaften und Politik
(Scientific Medley)

 Jahresübersicht 2025

Früher sind die Menschen für die Freiheit auf die Barrikaden gegangen, jetzt tun sie es für die Freizeit.
(Werner Finck)


28. August 2025

Übersicht

GEN- UND VIRENGESCHICHTEN


Die Wissenschaft ist kein einheitliches Feld, deren Betreiber nichts als Fortschritt und Segen bringen. Es gibt auch Scharlatane, absichtliche Falschmeldungen und Verbreitung von Scheinwissen. Kulturwissenschaften, die von unbrauchbaren Ideologien dermaßen durchsetzt sind, dass sie längst die Grenze zur Belanglosigkeit erreicht haben, sind besonders anfällig für Unsinn. Was sollen wir mit „Wissenschaften“ anfangen, die Publikationen über Postkolonialismus, Genderismus, Widerlegung des Objektivismus und ähnliche Themen produzieren, die bar jeder Relevanz sind. Auch in den Naturwissenschaften gibt es einige Fehlentwicklungen.

Horrorgeschichten

„Vertraue den Wissenschaften!“ hieß es während der Coronakrise. Das Problem ist, dass es „die Wissenschaft“ gar nicht gibt. Es gibt verschiedene Hypothesen und Theorien, die sich oft erst nach Monaten oder Jahren als richtig und brauchbar erweisen. Manchmal geistern Meldungen herum, die nichts anderes sind als ein Streit um des Kaisers Bart. Die Frage, ob das Coronavirus aus einem Labor stammt oder nicht, ist wahrscheinlich nicht zu beantworten. Ausnahmslos jedes entdeckte Virus kommt in ein Labor und wird dort untersucht. Das geschieht auch mit Bakterien, Algen und anderen Lebewesen. Ich selbst habe schon vor vielen Jahren mit Mutanten eines in der Natur vorkommenden Virus gearbeitet. Wären unsere Varianten damals nach außen gelangt, wäre nichts passiert, weil fast alle Labormutanten in der Natur wegselektiert werden, der Rest überlebt mehr schlecht als recht. Gefährlich sind bakterielle Hospitalkeime, die durch übertriebene Anwendung von Desinfektionsmitteln und Antibiotika entstanden sind. Horrorgeschichten, wonach das Coronavirus künstlich erzeugt wurde, um als Biowaffe verwendet zu werden, sind frei erfunden. Einige Leute in Behörden und Nachrichtendiensten wollten sich wichtig machen.

Testpackung

Das Abzocken von Kunden mit Hilfe der Genetik ist ärgerlich. Es ist Mode geworden, seine eigenen Gene auf Herkunft testen zu lassen. Man kauft um teures Geld eine Testpackung, reibt mit einem Wattestab in der Mundhöhle herum, und schickt die Probe an eine angegebene Adresse. Dann erfährt man, dass man zu 26 Prozent ein Wikinger, zu 35 Prozent ein Holländer und zu irgendwelchen Prozent ein Römer ist. Die statistisch berechneten Ergebnisse sind in Wahrheit irrelevant. Einfach erklärt: Ich habe Blutgruppe Null Rh-, Untergruppen cc Dd Ee. Dann schaut der Computer, wo auf der Erde diese Kombination häufig vorkommt, kombiniert es mit einer Handvoll Daten anderer Gene und schon war ein Uropa ein Rumäne, ein anderer ein Norddeutscher. Diese Methode ist oberflächlich und wissenschaftlich unbrauchbar. Ich habe vor Jahren meine Mitochondrien-DNA testen lassen. Dabei wurde festgestellt, dass ich eine Mutante enthalte, die vor Jahrtausenden wahrscheinlich im Libanon entstanden ist. Ja und? Die meisten Europäer haben dieselbe Mutante in ihren Zellen.

Gold

Die genetischen Analysen, die zusammen mit Alter, Geburtsort und anderen persönlichen Daten mit Hilfe des Testpakets gesammelt werden, gehen an amerikanische Firmen wie „23andMe“, deren Chefin zufällig mit einem der Googlegründer verheiratet ist. Daten sind das Gold des 21. Jahrhunderts. Wozu die Daten verwendet werden, können wir nur ahnen. Diese Vorgehensweise im Bereich Genetik ist in den USA nicht illegal. Die Weitergabe der Untersuchungsergebnisse bewegen sich weltweit in rechtlichen Grauzonen.

Anonyme Tests auf defekte Gene sind besonders problematisch. Man weiß heute, dass es Krankheiten gibt, deren Wahrscheinlichkeiten eines Auftretens erblich bedingt sind. Bekannt sind beispielsweise die „Brustkrebsgene“ BRCA1 und BRCA2. Es ist dringend davon abzuraten, einen Test von einer (unbekannten) Firma durchführen zu lassen, weil es immer wieder zu schweren Fehlern kommt. Es sind Fälle bekannt, dass windige Firmen ein Darmkrebs erzeugendes Gen gefunden haben, was sich erst nach Durchführung eines professionellen Tests als falsch herausgestellt hat. Nur klinische Tests anerkannter Institute, die das gesamte Erbgut scannen, können brauchbare Erkenntnisse bringen. Auch hier gibt es leider Ungenauigkeiten, weil viele Gene auf noch unbekannte Art zusammenwirken.

RNA

Das Molekül RNA ist durch vermeintlich schädliche Impfstoffe in Verruf geraten. Die Fehler, die damals begangen wurden, lagen in den von einigen „Experten“ verbreiteten Geschichten, wonach eine Impfung vor Ansteckung und Erkrankung schützt. Kein Impfstoff der Welt schützt vor Ansteckung, und alles, was eine Wirkung hat, kann auch eine Nebenwirkung haben. Es geht lediglich um mildere Verläufe einer Krankheit nach einer Impfung.

Wer das Wort RNA-Forschung erwähnt, kann schnell Aggressionen hervorrufen, obwohl es verschiedene RNA-Moleküle gibt, wie mRNA, rRNA, tRNA, miRNA, gRNA und andere. Laien schimpfen gerne über etwas, von dem nur wenige Zeitgenossen eine Ahnung haben. Das RNA-Forschungsgebiet ist in den letzten Jahrzehnten explosionsartig gewachsen. Victor Ambros, Jennifer Doudna, Gary Ruvkun, Katalin Karikó und Drew Weissman sind Personen, die für RNA-Forschung einen Nobelpreis erhalten haben, und das nur in den letzten drei Jahren. In den großen Forschungsländern werden seit Jahren enorme Summen in die RNA-Forschung investiert. Ob das Impfkritiker ärgert oder nicht, spielt keine Rolle. Wissenschaftler kümmern sich nie darum, was Menschen glauben.

Wissenschaftsbarometer

Die Österreichische Akademie der Wissenschaften hat nachfragen lassen. Die Ergebnisse des Wissenschaftsbarometers 2024 zeigen, dass das Vertrauen der Österreicher in Wissenschaft und Forschung stabil bleibt. 73 Prozent der Befragten geben an, der Wissenschaft großes Vertrauen entgegenzubringen. Der Wert ist in den letzten Jahren leicht gestiegen. Das Interesse an Wissenschaft und Forschung hat hingegen abgenommen, die Menschen fühlen sich nicht ausreichend informiert. Das ist paradox, denn Medien sind in Wahrheit voll von Berichten. Fachzeitschriften – auch populärwissenschaftliche – sind online jederzeit zugänglich. Die Frage ist nur, wem man trauen kann. In diesem Fall ist naturwissenschaftliches Grundwissen hilfreicher als jede kulturwissenschaftliche Theorie.



© 2025 Rudolf Öller, Bregenz  [/2025/roe_2534]


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Helden der Wissenschaft:
Robert Edwards
(*1925-2013)
entwickelte zusammen mit dem britischen Gynäkologen die In-vitro-Fertilisation, wofür er den Nobelpreis für Physiologie oder Medizin erhielt.

 


Rudolf Oeller:

Typhon District

Thriller über eine Gruppe von Wissenschaftlern, die an ihrem eigenen Projekt zugrunde ging.
Europa Verlagsgruppe. ISBN 9791220149914

Als Ben, ein Molekularbiologe, um Hilfe gebeten wird, weil die Schimpansenweibchen im Zoo keinen Nachwuchs bekommen, ahnt er noch nicht, dass seine Welt bald aus den Fugen geraten wird. Die Ursache der Zeugungsunfähigkeit ist nämlich eine Chromosomenmutation der Affendamen, und die bringt seinen Chef auf eine folgenreiche Idee. So entsteht das unter Verschluss gehaltene Projekt Typhon District, benannt nach einem Hybridmonster aus der Mythologie. Erst allmählich kommen bei Ben und seinem internationalen Team Zweifel auf. Doch da sind sie bereits tief in einem Strudel von Geld und Machtgier, Manipulation und Skrupellosigkeit gefangen. Nicht nur ihre eigenen Leben sind bedroht. Als sie das bemerken, ist es bereits zu spät.

Das Buch ist sowohl im Handel als auch im Internet erhältlich.
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