Welt der Naturwissenschaften und Politik
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GEN- UND VIRENGESCHICHTEN |
Die Wissenschaft ist kein einheitliches Feld, deren Betreiber nichts als Fortschritt und Segen bringen. Es gibt auch Scharlatane, absichtliche Falschmeldungen und Verbreitung von Scheinwissen. Kulturwissenschaften, die von unbrauchbaren Ideologien dermaßen durchsetzt sind, dass sie längst die Grenze zur Belanglosigkeit erreicht haben, sind besonders anfällig für Unsinn. Was sollen wir mit „Wissenschaften“ anfangen, die Publikationen über Postkolonialismus, Genderismus, Widerlegung des Objektivismus und ähnliche Themen produzieren, die bar jeder Relevanz sind. Auch in den Naturwissenschaften gibt es einige Fehlentwicklungen. Horrorgeschichten „Vertraue den Wissenschaften!“ hieß es während der Coronakrise. Das Problem ist, dass es „die Wissenschaft“ gar nicht gibt. Es gibt verschiedene Hypothesen und Theorien, die sich oft erst nach Monaten oder Jahren als richtig und brauchbar erweisen. Manchmal geistern Meldungen herum, die nichts anderes sind als ein Streit um des Kaisers Bart. Die Frage, ob das Coronavirus aus einem Labor stammt oder nicht, ist wahrscheinlich nicht zu beantworten. Ausnahmslos jedes entdeckte Virus kommt in ein Labor und wird dort untersucht. Das geschieht auch mit Bakterien, Algen und anderen Lebewesen. Ich selbst habe schon vor vielen Jahren mit Mutanten eines in der Natur vorkommenden Virus gearbeitet. Wären unsere Varianten damals nach außen gelangt, wäre nichts passiert, weil fast alle Labormutanten in der Natur wegselektiert werden, der Rest überlebt mehr schlecht als recht. Gefährlich sind bakterielle Hospitalkeime, die durch übertriebene Anwendung von Desinfektionsmitteln und Antibiotika entstanden sind. Horrorgeschichten, wonach das Coronavirus künstlich erzeugt wurde, um als Biowaffe verwendet zu werden, sind frei erfunden. Einige Leute in Behörden und Nachrichtendiensten wollten sich wichtig machen. Testpackung Das Abzocken von Kunden mit Hilfe der Genetik ist ärgerlich. Es ist Mode geworden, seine eigenen Gene auf Herkunft testen zu lassen. Man kauft um teures Geld eine Testpackung, reibt mit einem Wattestab in der Mundhöhle herum, und schickt die Probe an eine angegebene Adresse. Dann erfährt man, dass man zu 26 Prozent ein Wikinger, zu 35 Prozent ein Holländer und zu irgendwelchen Prozent ein Römer ist. Die statistisch berechneten Ergebnisse sind in Wahrheit irrelevant. Einfach erklärt: Ich habe Blutgruppe Null Rh-, Untergruppen cc Dd Ee. Dann schaut der Computer, wo auf der Erde diese Kombination häufig vorkommt, kombiniert es mit einer Handvoll Daten anderer Gene und schon war ein Uropa ein Rumäne, ein anderer ein Norddeutscher. Diese Methode ist oberflächlich und wissenschaftlich unbrauchbar. Ich habe vor Jahren meine Mitochondrien-DNA testen lassen. Dabei wurde festgestellt, dass ich eine Mutante enthalte, die vor Jahrtausenden wahrscheinlich im Libanon entstanden ist. Ja und? Die meisten Europäer haben dieselbe Mutante in ihren Zellen. Gold Die genetischen Analysen, die zusammen mit Alter, Geburtsort und anderen persönlichen Daten mit Hilfe des Testpakets gesammelt werden, gehen an amerikanische Firmen wie „23andMe“, deren Chefin zufällig mit einem der Googlegründer verheiratet ist. Daten sind das Gold des 21. Jahrhunderts. Wozu die Daten verwendet werden, können wir nur ahnen. Diese Vorgehensweise im Bereich Genetik ist in den USA nicht illegal. Die Weitergabe der Untersuchungsergebnisse bewegen sich weltweit in rechtlichen Grauzonen. Anonyme Tests auf defekte Gene sind besonders problematisch. Man weiß heute, dass es Krankheiten gibt, deren Wahrscheinlichkeiten eines Auftretens erblich bedingt sind. Bekannt sind beispielsweise die „Brustkrebsgene“ BRCA1 und BRCA2. Es ist dringend davon abzuraten, einen Test von einer (unbekannten) Firma durchführen zu lassen, weil es immer wieder zu schweren Fehlern kommt. Es sind Fälle bekannt, dass windige Firmen ein Darmkrebs erzeugendes Gen gefunden haben, was sich erst nach Durchführung eines professionellen Tests als falsch herausgestellt hat. Nur klinische Tests anerkannter Institute, die das gesamte Erbgut scannen, können brauchbare Erkenntnisse bringen. Auch hier gibt es leider Ungenauigkeiten, weil viele Gene auf noch unbekannte Art zusammenwirken. RNA Das Molekül RNA ist durch vermeintlich schädliche Impfstoffe in Verruf geraten. Die Fehler, die damals begangen wurden, lagen in den von einigen „Experten“ verbreiteten Geschichten, wonach eine Impfung vor Ansteckung und Erkrankung schützt. Kein Impfstoff der Welt schützt vor Ansteckung, und alles, was eine Wirkung hat, kann auch eine Nebenwirkung haben. Es geht lediglich um mildere Verläufe einer Krankheit nach einer Impfung. Wer das Wort RNA-Forschung erwähnt, kann schnell Aggressionen hervorrufen, obwohl es verschiedene RNA-Moleküle gibt, wie mRNA, rRNA, tRNA, miRNA, gRNA und andere. Laien schimpfen gerne über etwas, von dem nur wenige Zeitgenossen eine Ahnung haben. Das RNA-Forschungsgebiet ist in den letzten Jahrzehnten explosionsartig gewachsen. Victor Ambros, Jennifer Doudna, Gary Ruvkun, Katalin Karikó und Drew Weissman sind Personen, die für RNA-Forschung einen Nobelpreis erhalten haben, und das nur in den letzten drei Jahren. In den großen Forschungsländern werden seit Jahren enorme Summen in die RNA-Forschung investiert. Ob das Impfkritiker ärgert oder nicht, spielt keine Rolle. Wissenschaftler kümmern sich nie darum, was Menschen glauben. Wissenschaftsbarometer Die Österreichische Akademie der Wissenschaften hat nachfragen lassen. Die Ergebnisse des Wissenschaftsbarometers 2024 zeigen, dass das Vertrauen der Österreicher in Wissenschaft und Forschung stabil bleibt. 73 Prozent der Befragten geben an, der Wissenschaft großes Vertrauen entgegenzubringen. Der Wert ist in den letzten Jahren leicht gestiegen. Das Interesse an Wissenschaft und Forschung hat hingegen abgenommen, die Menschen fühlen sich nicht ausreichend informiert. Das ist paradox, denn Medien sind in Wahrheit voll von Berichten. Fachzeitschriften – auch populärwissenschaftliche – sind online jederzeit zugänglich. Die Frage ist nur, wem man trauen kann. In diesem Fall ist naturwissenschaftliches Grundwissen hilfreicher als jede kulturwissenschaftliche Theorie. |
© 2025 Rudolf Öller, Bregenz [/2025/roe_2534] |
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