Welt der Naturwissenschaften und Politik
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GEFÄHRLICHE NAIVITÄT |
Die Präsidenten Trump und Selenskyj lieferten sich Ende Februar dieses Jahres ein historisches Wortgefecht vor laufenden Kameras. US-Vizepräsident Vance mischte sich ein und sagte einen interessanten Satz. Präsident Selenskyj solle dankbar sein für die amerikanischen Waffenlieferungen. Diese Dankbarkeit fehle bisher. Diesen Satz sollte Vance lieber an seinen an Gedankenrasen („Racing Thoughts“) leidenden Präsidenten weitergeben, der zurzeit offenbar nicht mehr weiß, welche Schäden er nach den willkürlichen Zollerhöhungen noch anrichten soll. So wie es aussieht, gehen die USA nicht in ein goldenes, sondern in ein chaotisches Zeitalter. Vor fast genau hundert Jahren hat der eher unbedarfte US-Präsident Calvin Coolidge einen ähnlich schweren Fehler begangen, als er amerikanisches Geld aus Europa abzog und damit eine Wirtschaftskrise auslöste, die den Nationalsozialisten in Deutschland und den Faschisten in Italien den Weg ebnete. Great Europeans Trumps großer Spruch lautet „Make America great again!“ Offenbar weiß er nicht, dass Amerika durch europäische Kultur und Wissenschaft „great“ wurde. Der in die USA geflüchtete Atomphysiker Eugene Wigner sagte einmal: „Die USA sollten für Hitler ein steinernes Denkmal errichten als Dank für seinen Beitrag zum Fortschritt der amerikanischen Naturwissenschaften. Nicht einmal Stalin hat so viele Forscher vertrieben wie Hitler.“ Die ersten erfolgreichen Raketen der NASA bis hin zur Mondrakete Saturn V entwarf Wernher von Braun mit seinem (deutschen) Team und die ersten Atombomben entwickelten fünf Europäer (Fermi, Szilard, Teller, von Neumann, Wigner) und ein deutschstämmiger Amerikaner (Oppenheimer). Die ersten Werkzeuge der Gentechnik wurden in Europa entdeckt (Arber), die heute noch gültigen Grundkonzepte eines Computers entwickelten von Neumann (Ungarn) und Turing (England), den ersten mechanischen programmierbaren Computer baute Zuse (Deutschland), die besten Regisseure und Filmmusikkomponisten der goldenen Ära Hollywoods waren hauptsächlich Europäer, und wenn die Amerikaner heute – im Gegensatz zu früher – gutes Bier brauen, dann haben sie das ausschließlich deutschen Braumeistern zu verdanken. Israels Fehler Die Israelis wussten nach der Gründung des Staates Israel, dass sie sich auf niemanden verlassen können. Sie gründeten drei effiziente Geheimdienste. Aman ist der militärische Nachrichtendienst und Shin Bet kümmert sich um die Terrorbedrohung innerhalb Israels. Der kleinste und schärfste Geheimdienst ist der für Auslandsoperationen zuständige Mossad, wobei die Abteilung Caesarea für verdeckte Ermittlungen und Sondereinsätze zuständig ist. Die Erfolge sind legendär. Der Mossad fand den in Argentinien unter dem Namen Ricardo Klement lebenden SS-Mörder Adolf Eichmann und entführte ihn 1960 nach Israel. 1966 brachte der Mossad den irakischen Piloten Munir Redva dazu, mit einem damals neuen MiG-21 Abfangjäger (NATO-Code: Fishbed) unter allen Radarstationen nach Israel zu fliegen, wodurch Israel und die USA das Flugzeug genau untersuchen konnten. Diese Husarenstücke sind nur einige wenige in einer Reihe von spektakulären Erfolgen. Mindestens dreimal passierten dem Mossad Fehlschläge durch Naivität. 1972 nahmen palästinensische Attentäter die israelischen Olympiateilnehmer in München als Geiseln. Der Mossad hatte zuvor vage Informationen bekommen, suchte aber nicht intensiv genug. Die Geiselnahme endete tragisch. Alle israelischen Geiseln, fünf Attentäter und ein Polizist starben. Sklaventum Naive europäische Politiker verstehen nicht, was die russische Politik antreibt. Es geht dabei gar nicht so sehr um Putin oder die Kommunisten, sondern um eine alte Tradition. Karl Marx hatte erstmals das Ausmaß der russischen Aggression erkannt. Deren Beginn beschrieb Marx 1856 für die englische Zeitung „The Free Sheffield Press“ in seinem Artikel „Enthüllungen der diplomatischen Geschichte des 18. Jahrhunderts“. Der Text wurde in der Marx-Gesamtausgabe der Sowjetunion und der DDR unterschlagen. Es begann mit Iwan III, genannt „der Große“, der im Spätmittelalter herrschte. Sein Reich (noch nicht das heutige Russland) war damals von den Tataren versklavt. Iwan war laut Marx ein Feigling, aber er beherrschte das Lügen, Betrügen, Schmeicheln und Intrigieren wie kein anderer. Derartige Figuren gab es in der Politik schon immer, aber Iwan war darin ein Meister. Durch Ränke und Untergriffe spielte er seine Rivalen gegeneinander aus und kam so zu einem großen Reich. Marx im Originalton: „Moskau ist in der scheußlichen und erbärmlichen Schule mongolischer Sklaverei aufgewachsen und großgezogen worden. Seine Stärke erwarb es nur dadurch, dass es in den Fertigkeiten des Sklaventums zum Virtuosen wurde.“ Nachdem Iwan durch Täuschung und Einschüchterung sein Reich vergrößert hatte, bedrohte er prompt seine Nachbarn. Marx: „Das erstaunte Europa, das zu Beginn von Iwans Regierung so gut wie keine Ahnung von der Existenz Moskaus hatte, blickte ungläubig auf das scheinbar plötzliche Erscheinen eines ungeheuren Reiches an seiner Ostgrenze.“ Man mag von Marx halten, was man will, aber jeder der viel sagt oder schreibt, hat zeitweilig auch recht. Die russischen Zaren und ihre Nachfolger im 20. Jahrhundert perfektionierten das von Iwan III zur Meisterschaft entwickelte Provozieren, Lügen und Einschüchtern samt hybrider Kriegsführung. Die russischen Diktatoren werden weder die Ukraine noch Europa jemals in Ruhe lassen. Naivität kann manchmal eine bezaubernde Eigenschaft sein, die zum Schmunzeln anregt. In der Politik ist sie gefährlich. Nachsatz: Der obige Artikel ist auch auf Was Putin betrifft, so sind die Kritiker auf einem Auge blind, denn Putins Verbrechen sind evident. Europa ist nicht wehrlos. Trotzdem verfallen viele Politiker in eine Hysterie, wenn Putin wie üblich Drohungen und Einschüchterungen raushaut. Viel vernünftiger wäre eine Antwort, die Putin versteht: "Komm doch, wenn du dich traust!" Putin wird sich nicht trauen, weil seine "Stärke" überschätzt wird. Putin hat es in drei Jahren nicht geschafft, die Ukraine in die Knie zu zwingen. Wie soll ihm das bei NATO-Staaten gelingen? |
© 2025 Rudolf Öller, Bregenz [/2025/roe_2512] |
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