Welt der Naturwissenschaften und Politik
(Scientific Medley)

 Jahresübersicht 2025

Wer Lust hat, über Sklaven zu herrschen, ist selbst ein entlaufener Sklave. Frei ist, wem Freie willig folgen und wer Freien willig dient.
(Walther Rathenau)


21. Februar 2025


Übersicht

MYTHEN UND ERZÄHLUNGEN


Es ist naheliegend, beim Thema Mythen an griechische Götter, an das Nibelungenlied oder – bei uns in den Alpen – an Berggeister zu denken. Moderne Mythen sind zumeist Kinder von Ideologien. In vielen Fällen haben sie tragische Seiten. Einige seien hier erwähnt.

In den Sechzigerjahren, im Jahrzehnt von Beat und Rock ‘n Roll, entstand durch den Ohrwurm „San Francisco“ von Scott McKenzie und das Konzert von Woodstock der Mythos der Blumenkinder. Jefferson Airplane begeisterte damals mit dem Jahrhunderthit „White Rabbit“, Jimi Hendrix sang – unvergessen – „Hey Joe“ und eine sturzbetrunkene Janis Joplin grölte ihr Lied von „Bobby McGee“. Scott McKenzie besang die Hippies, die damals zu Legenden einer neuen Lebensform hochgejubelt wurden als „gentle people with flowers in their hair“. Der Text „Gentle people, they quickly passed away“ wäre angemessener gewesen.

Drogenmonopol

George Wethern war Vizepräsident des ersten Hells Angels Chapters in Oakland (Kalifornien). Seine Autobiografie „Böser Engel“ (orig.: A Wayward Angel) sollten Menschen mit schwachen Nerven nicht lesen. Darin beschreibt er, wie seine Motorradbande ins Drogengeschäft gelangte. Owsley Stanley war ein LSD-Guru der Sechzigerjahre und zeitweise Mitglied der „Angels“. Er kannte sich mit Elektronik aus und erfand den Sound der kalifornischen Rockband „The Grateful Dead“. Seine Freundin Melissa war Chemikerin, der es gelang aus Lysergsäure LSD zu erzeugen. Diese Droge wurde im Großraum von San Francisco schnell populär, breitete sich über die gesamte Westküste der USA aus und raffte unzählige „gentle people“ dahin. Die Hells Angels, die erkannten, wie viel Geld man mit Drogen verdienen konnte, handelten bald auch mit Marihuana, Heroin und Medikamenten. Sie hatten das Drogenmonopol in Kalifornien und wurden reich. Wethern äußerte sich in seinem Buch verächtlich über die Naivität der „Blumenkinder“, die im LSD- und Heroinrausch starben wie die Fliegen. Der Mythos der Hippies steht im Gegensatz zu ihrer Tragödie.

Der Triumph von 68

Die Erzählung von der Roten Armee Fraktion, die als Baader-Meinhof-Bande ihren Anfang nahm, ist nur noch in nostalgieaffinen linken Kreisen ein Mythos. Spätestens seit dem Erscheinen des Buches „Die RAF hat Euch lieb“ der Journalistin und Autorin Bettina Röhl, hat sich auch diese Erzählung verflüchtigt. Bettina Röhl ist die Tochter des Verlegers Klaus Rainer Röhl und der Terroristin Ulrike Meinhof, die 1975 wegen vierfachen Mordes und vierundfünfzigfachen Mordversuches (!) angeklagt war. Noch vor Prozessbeginn hat sich Meinhof das Leben genommen. Ihre Mordkumpane Andreas Baader, Gudrun Ensslin und Jan-Carl Raspe haben sich 1977 in der Justizvollzugsanstalt Stammheim ebenfalls das Leben genommen. Das Erstaunliche an Röhls Buch sind nicht nur die Details über die Terroraktionen und die Söldlinge der RAF. Röhl beschreibt die Mitglieder der Baader-Meinhof-Bande und der nachfolgenden RAF als spießige Proleten „frei von jedem wirtschaftlichen Sachverstand“. Besonders erhellend ist das Kapitel „Der Triumph von 68“. Darin heißt es: „Jetzt schreiben Spiegel, Stern und ZEIT und die öffentlich-rechtlichen Sender, die den Aufstieg schon begleitet und ermöglicht hatten, plötzlich dasselbe in Massenauflage, was zuvor nur in kleinen Revolutions-Zirkeln ausgebrütet worden war. Die APO-Häuptlinge [Anm.: Außerparlamentarische Opposition] erlitten einen selbstverschuldeten Bedeutungsverlust, weil das, was sie seit Jahren propagiert hatten, plötzlich en vogue war …“

Deutlicher kann man es nicht sagen: Gewisse Medien waren Sympathisanten einer Bande von Verrückten, die glaubten, mit Sprengstoffanschlägen, Banküberfällen und Morden die Gesellschaft in ihrem Sinne ändern zu können.

Sozialist Hitler

Alice Weidel sagte kürzlich in ihrem Online-Gespräch mit Elon Musk, dass Hitler ein Kommunist gewesen sei. Diese Feststellung, die eine im Vorfeld des Gesprächs entstandene Hysteriewelle weiter anschwellen ließ, entspricht nicht ganz den Tatsachen, ist aber auch nicht falsch. Weidel hätte besser vom Sozialisten gesprochen. Die Nationalsozialistische Deutsche Arbeiterpartei wurde während der Weimarer Republik gegründet. Hitler bekam später die Mitgliednummer eins, die Partei war auf ihn als Führer zugeschnitten. Stalins Staat hieß offiziell „Union der Sozialistischen Sowjetrepubliken“.

Einer von Hitlers Ideologen, der Historiker Alfred Rosenberg, schrieb in seinem Sammelband „Blut und Ehre“ über den Unterschied zwischen Nationalsozialismus und Sozialismus. Es gelang ihm nicht, einen wesentlichen Unterschied herauszuarbeiten, denn Sozialismus und Nationalsozialismus zeigen gemeinsame Kategorien, die zugunsten politischer Mythen gerne verschwiegen werden.

Signalrote Fahnen

Ähnlichkeiten von Nationalsozialismus und (sowjetischen) Sozialismus gibt es viele. Konkurrierende politische Parteien wurden gewaltsam entfernt, der Staat wurde der jeweiligen herrschenden Partei untergeordnet, die Parlamente mutierten zu braunen und roten Abstimmungsmaschinen ohne Opposition, die Gewaltenteilung wurde beseitigt, die Presse gleichgeschaltet, kritische Journalisten inhaftiert oder ermordet und die Sprache reglementiert. Es gab Ministerien für Volksaufklärung und Propaganda und die Polizei (Gestapo - GPU) agierte ohne rechtsstaatliche Kontrolle. Beide Diktaturen betrieben Terrorbrigaden (SS und Smersch), und die Jugend wurde in verpflichtende staatliche Organisationen (HJ, Komsomol, Junge Pioniere) gesteckt. Es gab Parteiaufmärsche und Massenkundgebungen, der 1. Mai war sowohl bei den Nationalsozialisten als auch in der Sowjetunion ein hoher Feiertag und der rote Antisemitismus unterschied sich kaum vom braunen. Es folgten Attacken gegen die christlichen Kirchen, und die Symbole (Hakenkreuz, Hammer und Sichel) wurden auf signalroten Fahnen präsentiert. Nationalsozialismus und „realer Sozialismus“ wie die Kommunisten ihr System im späten 20. Jahrhundert nannten, sind sich sehr ähnlich. Das ist kein Mythos.

Der Mythos der Grünen, wonach sich diese Partei um Minderheiten und Umwelt sorgt, und die Prinzipien der Demokratie mehr achtet als alles andere, hat kürzlich Schrammen bekommen. Der parteiinterne Verleumdungsskandal um den grünen Berliner Bundestagsabgeordneten Stefan Gelbhaar lässt in eine politische Pestgrube blicken. Ein anderer Vorfall um die grüne EU-Abgeordnete Lena Schilling ist zudem noch in guter Erinnerung.

Moderne Mythen und Erzählungen sind Märchen für Leichtgläubige, doch die Zeiten ändern sich. Die Selbstdenker haben es satt, von Polit-Gurus und Spät-Achtundsechzigern damit zum Narren gehalten zu werden.



© 2025 Rudolf Öller, Bregenz  [/2025/roe_2504]


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Helden der Wissenschaft:
Paul Karl Hartek
(1902-1985)
war ein österreichischer Physikochemiker und letzter Großmeister der physikalischen Chemie. Er leistete große Beiträge zu Foto-, Reaktor- und Atmosphärenchemie.


Rudolf Oeller:

Typhon District

Thriller über eine Gruppe von Wissenschaftlern, denen ein Projekt entglitt und dabei zugrunde ging.
Europa Verlagsgruppe. ISBN 9791220149914

Alles beginnt mit einer harmlosen Untersuchung: Als Ben, ein Molekularbiologe, um Hilfe gebeten wird, weil die Schimpansenweibchen im Zoo keinen Nachwuchs bekommen, ahnt er noch nicht, dass seine Welt bald aus den Fugen geraten wird. Die Ursache der Zeugungsunfähigkeit ist nämlich eine Chromosomenmutation der Affendamen, und die bringt seinen Chef auf eine folgenreiche Idee. So entsteht das unter Verschluss gehaltene Projekt Typhon District, benannt nach einem Hybridmonster aus der Mythologie. Erst allmählich kommen bei Ben und seinem internationalen Team Zweifel auf. Doch da sind sie bereits tief in einem Strudel von Geld und Machtgier, Manipulation und Skrupellosigkeit gefangen. Nicht nur ihre eigenen Leben sind bedroht. Als sie das bemerken, ist es bereits zu spät.

Das Buch ist sowohl im Handel als auch im Internet erhältlich.
Mein Interview auf YouTube.

Die Fortsetzung "Typhons Rache" ist in Arbeit und soll Anfang 2026 erscheinen.