Eine Lawine hätte 1933 beinahe vier großen Physikern das Leben
gekostet. In den Bergen oberhalb von Bayrischzell hatte der deutsche Quantenphysiker
und Nobelpreisträger Werner Heisenberg eine Schihütte gemietet.
Jugendfreunde Heisenbergs hatten sie zuvor neu errichtet, nachdem sie
von einer Lawine zerstört worden war. In den Osterferien 1933 lud
Heisenberg seine Kollegen und Freunde, den deutschen Philosophen und Physiker
Carl Friedrich von Weizsäcker (der Bruder des ehemaligen deutschen
Bundespräsidenten), den Schweizer Atomphysiker Felix Bloch, den dänischen
Physiker und Nobelpreisträger Niels Bohr sowie dessen Sohn Christian
auf ein paar Tage zum Schilaufen ein. Weizsäcker und Heisenberg trafen
sich auf der Hütte und richteten sie wohnlich ein. In der Nacht wurde
die Hütte eingeschneit, die beiden Männer mussten den Eingang
freischaufeln. Am Morgen des zweiten Tages gingen sie zum „Brünnsteinhaus“
und zogen durch den tiefen Schnee eine Spur bis zum Bahnhof Oberaudorf.
Da Niels Bohr einen frühen Zug versäumt hatte, trafen sich die
Freunde erst am späten Nachmittag.
Der Aufstieg zur Hütte begann in der Abenddämmerung. Heisenberg hoffte,
die am Morgen gezogene Spur in der Dunkelheit noch zu finden. Sie hatten nur
zwei kleine Windlichter dabei, und Heisenberg ahnte, dass Gefahr drohte. Vor
der Hütte - es war bereits dunkel – hatte Heisenberg das Gefühl,
ins Schwimmen zu geraten. Kurz darauf wurde er so stark zusammengepresst, dass
er kaum noch atmen konnte. Heisenberg befreite sich mit letzter Kraft aus der
Lawine, aber seine Freunde waren in der Dunkelheit verschwunden. Nach einiger
Zeit hörte er Weizsäcker und Bohr weit oberhalb des Lawinenkegels
laut rufen. Sie alle hatten enormes Glück gehabt. Nicht immer gehen Lawinenabenteuer,
noch dazu bei Dunkelheit, so glimpflich aus.
„No risk, no fun!“ verkündet der moderne Sportler, verlässt
die abgesicherte Piste und stirbt den weißen Heldentod. Zurück bleiben
trauernde Familien, ein paar Schlagzeilen und mahnende Worte von Bergrettern.
Am nächsten Tag ist alles vergessen, der donnernde Tod kann abermals zuschlagen.
„Lawinengefahr = Lebensgefahr“ warnt der österreichische Bergrettungsdienst,
aber Vernunft wird ausgeschaltet, wenn die Kombination aus Leichtsinn, Unwissenheit
und Adrenalinsucht die Oberhand gewinnen. Die relativ gefährlichste Lawinenstufe
ist die Stufe 3 (Gefahr erheblich). Diejenigen Schifahrer, die Angst vor den
Stufen 4 und 5 haben (Gefahr groß und sehr groß), wagen sich bei
der vermeintlich harmlosen Stufe 3 ins Gelände und werden hinweggerafft.
|
|