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Frei bist du, wo man dich nicht liebt.
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18. April 2024


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299792458 m/s


Besucher der Bregenzer Festspiele bewunderten in diesem Sommer das renovierte Festspielgebäude und das originelle Kunstwerk von Gottfried Bechtold, eine Art Henry Moore-light-Skulptur, auf dem Vorplatz. Die einen erkannten den umgedrehten Baum, andere wiederum sahen die „Ready Maid“, die dünne Frau als Schönheitsideal im Jahrhundert der Ernährungsstörungen.

Für einige Verwirrung sorgte die Zahl 299792458 m/s auf dem Dach des Festspielhauses. Diese Zahl stellt die Vakuum-Lichtgeschwindigkeit dar. Die Abkürzung „m/s“ ist die internationale Einheit der Geschwindigkeit „Meter pro Sekunde“. Das bedeutet - vereinfacht ausgedrückt -, dass das Licht rund 300.000 Kilometer pro Sekunde zurücklegt. Ein ganz schönes Tempo. Ein Lichtstrahl braucht von der Erde zum Mond etwas mehr als eine Sekunde. Von der Sonne zur Erde benötigt das Licht etwas mehr als 8 Minuten, bis zum Ende des Sonnensystems ungefähr 6 Stunden. Von einem Ende unserer Galaxis zum anderen sind es schon 100.000 Jahre. Die Lichtgeschwindigkeit ist eine so genannte Naturkonstante. Sie ist eine kosmische Basis der Natur.

Die Frage, was die Lichtgeschwindigkeit auf dem Festspielhaus zu suchen hat, ist berechtigt. Die Aktion lässt verschiedene Interpretationen zu. Die wichtigste scheint zu sein, dass die besseren Künstler einen Fortschritt weder in derben Brüskierungen noch in postmodernen Beliebigkeiten suchen, sondern in der Synthese einst getrennter Welten.

Murry Gell-Mann, der Physiker, der die Quark-Theorie entworfen hatte, sagte einmal sinngemäß: "Es gibt Künstler und Geisteswissenschaftler, die stolz darauf sind, wenig über Naturwissenschaft, Technologie und Mathematik zu wissen. Das gegenteilige Phänomen ist sehr selten. Gelegentlich wird man zwar auf einen Naturwissenschaftler treffen, der nichts über Shakespeare weiß, aber niemals wird er darauf auch noch stolz sein." Die Zeiten haben sich geändert. Naturwissenschaftliche Bildung hat im Ansehen zur musischen Bildung aufgeschlossen. Es ist keine Schande, mangelndes Wissen einzugestehen, aber stolz zu deklamieren, etwas nicht zu wissen, ist eine freiwillig gezogene „Greencard“ ins Banausentum.

Die Bregenzer Festspiele sind eine Art Taktgeber der Moderne geworden, ohne in einen simplen Provokationismus zu verfallen. Naturkonstanten können dabei Symbole dieses neuen und interessanten Trends sein. Sollten auch andere Künstler Lust auf dekorative Zahlen verspüren, so gibt es noch viele Möglichkeiten: Die Gravitationskonstante, das Plancksche Wirkungsquantum, die Ruhemasse des Protons und die atomare Feinstrukturkonstante – um nur einige wenige Beispiele zu nennen.




© 2006 Rudolf Öller, Bregenz


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Silvia liest

Rudolf Oeller:

"Theke, Antitheke, Syntheke"
(Thriller über eine tragikomische Stammtischrunde auf dem Weg in den Tod)
Verlag novum, Zürich. ISBN 978-3-99130-025-0

"Wir waren eine großartige Bande von Stammtischbrüdern an der deutsch-österreichischen Grenze, auch zwei Stammtischschwestern waren dabei. Wir pfiffen auf alle Corona-Bestimmungen und trafen uns an jedem Freitag – eine verschworene Truppe, fast schon ein Dream Team. Drink Team trifft es allerdings besser. Voll Hoffnung starteten wir ins Coronajahr 2020, am Ende wurde es eine teils fröhliche, teils depressive Reise in den kollektiven Tod."

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