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23. April 2024


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COMPOUND III


Es ist schon einige Jahre her, als eine Wissenschaftsdebatte im Internet mein Interesse weckte. Es ging um die Frage, ob man die Entstehung von neuen Tier- und Pflanzenarten direkt beobachten könne. Die amerikanische Fruchtfliege Drosophila paulistorum ist ein gutes Beobachtungsmodell für die Entstehung neuer Arten. Das ist seit Jahrzehnten schon bekannt. Im Internet findet man mehrere Arbeiten über das für Genetiker und Evolutionsbiologen interessante Tier.

Als junger Doktorand an einer deutschen Universität führte ich Experimente durch, darunter auch mit Drosophila melanogaster "Compound III, b, bw, ch". Drosophila melanogaster ist eines der beliebtesten Haustiere der Genetiker. Compound III bedeutet, dass das Chromosom III dieses Tiers mit Hilfe ionisierender Strahlen neu zusammengebaut wurde. Weiters war das Tier mit den Mutationen b, bw und ch markiert, was sich auf das gesamte Erscheinungsbild auswirkte. Die Drosophila-Fliege sah völlig anders aus als ihre natürliche Urgroßmutter. Wilde Drosophilas, die sich im Sommer auf unserem Obst tummeln, sind klein, gelb und haben ein dunkles Hinterteil und rote Augen. Die Compound-Exemplare waren pechschwarz und hatten weiße Augen. Da sie wegen ihrer veränderten Chromosomenstruktur trotz Kreuzung mit der Wildform keine Nachkommen bekommen konnten, war Compound III eine im Labor erzeugte neue Art. Mit diesem Forschungsergebnis habe ich mich an der Debatte im Internet beteiligt.

Mystifikation

Ein Leser beschwerte sich nach einigen Tagen, dass ich womöglich die Unwahrheit geschrieben hätte, denn wenn man Compound III in eine Internet-Suchmaschine eintippt, bekommt man Informationen über Armbrustmodelle und chemische Elemente. Mein Compound-Insekt sei jedoch eine Mystifikation. Der Kritiker glaubte tatsächlich, dass irgendetwas oder irgendjemand nicht existiere, weil im Internet nichts darüber zu finden ist.

Das Internet ist eine grandiose Erfindung. Wer ein Smartphone besitzt, der trägt das gesamte Netz mit seinen vielen Wetterberichten, Fotos und Neuigkeiten in seiner Tasche. Wer Lust hat, kann sogar seine eigene "Timeline" ansehen. Dank GPS speichert das Smartphone-Konto (beispielsweise Google) alle Orte und erkennt, wann man wo gewesen ist. Wer Zugang zum Smartphone seiner Kinder hat, weiß immer, wo sie sich aufgehalten haben.

Es sollte allerdings jedem Benutzer klar sein, dass das Internet niemals alles wissen kann. Zu glauben, dass etwas nicht existiert, weil es nicht im Internet zu finden ist, ist naiv. Hochwertige Fachliteratur und einzelne Resultate von Experimenten wird das Internet nie restlos erfassen können.




Virtuelle Bildung

© 2019 Rudolf Öller, Bregenz  [/2019/roe_1913]


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