Welt der Naturwissenschaften
(Scientific Medley)

 Jahresübersicht 2011

Die menschliche Freiheit besteht lediglich darin, dass sich die Menschen ihres Wollens bewußt und der Ursachen, von denen sie bestimmt werden, unbewußt sind.
(Baruch de Spinoza)


29. März 2024


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JAKOBINER (1)


Die Oper „André Chénier“ macht ein Jahr Pause, dann werden wieder tausende Besucher die Bregenzer Seebühne bestaunen, die dem Gemälde „Der Tod des Marat“ von Jacques-Louis David nachempfunden ist. Jean Paul Marat (1743 – 1793) war ein Schweizer Arzt, Autor und Verleger, der während der Französischen Revolution Führer des Jakobinerclubs und ein Schreibtischmörder wurde. Heute würde man ihn einen Stalinisten nennen, der nach Freiheit und Gleichheit rief, seine Gegner aber – auch aus persönlichen Motiven - verfolgte und umbringen ließ. Marat war ein guter Redner, dem die armen und unterprivilegierten Menschen Frankreichs folgten: „Ich bin der Zorn, der gerechte Zorn des Volkes, und deshalb glaubt es an mich!“ Welch Spießer dieser Marat in Wahrheit war, zeigt eine Episode, die einem berühmten Chemiker das Leben kostete und bis heute Auswirkungen auf das Verständnis von Naturwissenschaften hat.

Antoine de Lavoisier war zwar kein Mitglied des dekadenten Adels, aber als leitender Angestellter der Steuereintreiberfirma „Ferme Générale“ ein vermögender Mann. In seiner Freizeit beschäftigte er sich so erfolgreich mit Chemie, dass er in die französische Akademie der Wissenschaften (Académie des Sciences) aufgenommen wurde. Lavoisier war gut aussehend und mit einer jungen, intelligenten und attraktiven Frau verheiratet. Er gehörte wegen seines Wohlstandes und seines Ansehens gewissermaßen zu den Reichen und Schönen von Paris. Jean Paul Marat war anders. Er litt an der Hautkrankheit Skrofulose, hatte ungepflegte Haare, war alles andere als ein Schönling und dazu noch verarmt. Als Marat in die Akademie der Wissenschaften durch die Konstruktion eines Wärmeerkennungsgerätes aufgenommen werden wollte, lehnte Lavoisier ab. Marat hat diese noch vor der Revolution erlittene Kränkung nie vergessen.

Die Reaktion bestand in der Ankündigung, das Volk werde in Zukunft bestimmen, was Wissenschaft sei. Die Fehleinschätzung ist offensichtlich. Erstens bestand das Volk aus ungebildeten Analphabeten, und zweitens liegt die Freiheit der Wissenschaft in den Methoden und im unzensierten Denken, nicht aber im Ergebnis. Chemische Reaktionen, die Schwerkraft, die Elektrizität usw funktionieren nach bestimmten Naturgesetzen, gehorchen aber keinem politischen Programm und keiner demokratischen Abstimmung. Der größte Fehler war aber Marats Glaube, man könne durch Ausrottung des Adels und der Eliten sowie durch eine neue Wirtschafts- und Gesellschaftspolitik einen neuen „gleichen“ Menschen erschaffen. Diese Idee war und ist zum Scheitern verurteilt. Lavoisier wurde nach einem Schauprozess der Jakobiner geköpft, Marat von einer politischen Gegnerin erstochen




© 2011 Rudolf Öller, Bregenz


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Helden der Wissenschaft:
Werner von Siemens
(1816-1892)
war eine beeindruckende Unternehmerpersönlichkeit, der es mit der Entdeckung des dynamoelektrischen Prinzips möglich machte, Unmengen an elektrischer Energie zu erzeugen.

Silvia liest

Rudolf Oeller:

"Theke, Antitheke, Syntheke"
(Thriller über eine tragikomische Stammtischrunde auf dem Weg in den Tod)
Verlag novum, Zürich. ISBN 978-3-99130-025-0

"Wir waren eine großartige Bande von Stammtischbrüdern an der deutsch-österreichischen Grenze, auch zwei Stammtischschwestern waren dabei. Wir pfiffen auf alle Corona-Bestimmungen und trafen uns an jedem Freitag – eine verschworene Truppe, fast schon ein Dream Team. Drink Team trifft es allerdings besser. Voll Hoffnung starteten wir ins Coronajahr 2020, am Ende wurde es eine teils fröhliche, teils depressive Reise in den kollektiven Tod."

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Interview zum Buch