Welt der Naturwissenschaften
(Scientific Medley)

 Jahresübersicht 2009

Die Volksbegeisterung in unsern letzten Freiheitskriegen ward wie die Jungfrau von Orleans unter ihrer eigenen Fahne begraben.
(Wolfgang Menzel)


28. März 2024


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OLFRYGT


Es gibt viele Weltgedenktage, darunter auch kuriose, wie den Welttag des Fremdenführers (21. Februar), der Bekämpfung der Wüstenbildung (17. Juni), des Schlafes (21. Juni), der geistigen Gesundheit (10. Oktober) und des Stotterns (22. Oktober).

Ein Tag ragt heraus, weil es dabei um eines der beliebtesten Genussmittel geht. Der 23. April steht in Deutschland im Zeichen des Bieres. Am 23. April 1516 wurde das deutsche Reinheitsgebot proklamiert und seitdem ist gesetzlich geregelt, dass im deutschen Bier nur Wasser, Hopfen und Gerste sein darf. Die Hefe kam erst später dazu, als man in der Lage war, Hefepilze zu züchten. Das deutsche Reinheitsgebot ist das älteste Lebensmittelgesetz der Welt, was zeigt, welchen Stellenwert das edle goldgelbe Getränk immer schon hatte. Es ist erstaunlich, dass es bei so wenigen Zutaten den rund 1.200 deutschen Brauereien gelingt, über 5.000 verschiedene Biersorten zu erzeugen.

Langsam aber unaufhaltsam sickert dieser deutsche Festtag in andere Länder, es ist nur noch eine Frage der Zeit, bis der 23. April ein Welttag des Bieres sein wird. Es ist nicht bekannt, wann Bier erstmals erzeugt wurde. Wahrscheinlich ist die Braukunst schon vor Jahrtausenden mehrfach entdeckt worden, als nasses Brot zu gären begann. Diesen natürlichen Vorgang hat man zunächst beobachtet, später weiter entwickelt, um schließlich ein einzigartiges nährstoff- und vitaminhaltiges Getränk zu erzeugen, das dank des Hopfens (ein natürliches Beruhigungsmittel) auch ermüdend wirken kann.

In Europa wurde versucht, den Geschmack und die Haltbarkeit des Bieres durch Zusatz von Rinde, Stechapfel und allerlei berauschenden Kräutern zu verbessern. Dadurch entstand unvermeidlich manch ungesundes Gebräu, was schließlich zum erwähnten Reinheitsgebot führte. Im frühen Mittelalter wurde die Kunst des Bierbrauens in den Klöstern weiterentwickelt. Es ging den Mönchen nicht um Trinkgelage, sondern um die Milderung der harten Einschränkungen in der Fastenzeit. "Was flüssig ist, bricht kein Fasten", lautete damals die Regel, was vom Papst offiziell abgesegnet wurde. Die Mönche entwickelten nach dieser Freigabe von höchster Stelle erstklassige Rezepturen, sodass Klosterbier heute überall geschätzt wird.

Bei den Wikingern erlangte das Bier eine überragende Bedeutung. Nichts konnte die harten Männer des Nordens erschrecken, kein Feind, kein Sturm, keine Kälte. Sie kannten nur eine wirkliche Furcht, und diese verdichteten sie zu einem einzigen Wort: Olfrygt! Es bezeichnet die Angst vor Bierknappheit. Es ist zu Beginn der Gastgartensaison allen bierehrlichen Seelen zu wünschen, dass sie von Olfrygt verschont bleiben mögen.




© 2009 Rudolf Öller, Bregenz


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Helden der Wissenschaft:
Hermann von Helmholtz
(1821-1894)
war Arzt, Physiologe, Physiker, Philosoph, kurzum ein Universalgelehrter, wie es ihn heute nicht mehr gibt. Er war in der Medizin, in der Physik und in der Biologie zu Hause. Respekt!

Silvia liest

Rudolf Oeller:

"Theke, Antitheke, Syntheke"
(Thriller über eine tragikomische Stammtischrunde auf dem Weg in den Tod)
Verlag novum, Zürich. ISBN 978-3-99130-025-0

"Wir waren eine großartige Bande von Stammtischbrüdern an der deutsch-österreichischen Grenze, auch zwei Stammtischschwestern waren dabei. Wir pfiffen auf alle Corona-Bestimmungen und trafen uns an jedem Freitag – eine verschworene Truppe, fast schon ein Dream Team. Drink Team trifft es allerdings besser. Voll Hoffnung starteten wir ins Coronajahr 2020, am Ende wurde es eine teils fröhliche, teils depressive Reise in den kollektiven Tod."

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