Welt der Naturwissenschaften
(Scientific Medley)

 Jahresübersicht 2016

Die menschliche Freiheit besteht lediglich darin, dass sich die Menschen ihres Wollens bewußt und der Ursachen, von denen sie bestimmt werden, unbewußt sind.
(Baruch de Spinoza)


29. März 2024


zurück Übersicht weiter

WITALI GINSBURG


Witali (auch: Vitaly) Ginsburg wurde mitten im 1. Weltkrieg im zaristischen Russland als einziges Kind des Ingenieurs Lasar Jefimowitsch Ginsburg und der Ärztin Awgusta Weniaminowna Wildauer-Ginsburg geboren. Witalis Mutter starb früh. Nach der Machtübernahme der Bolschewiken misstraute seine Tante und Adoptivmutter der neuen sozialistischen Regierung und schickte ihren Witali nicht zur Schule. Der Bub wurde privat unterrichtet.

Später bekam Witali eine Anstellung als Röntgenassistent. Weiterführende Schulen waren ihm zunächst verwehrt, weil er keinen offiziellen Schulabschluss vorweisen konnte. Mit Hilfe von Schnellkursen, in denen er die Oberstufe des Gymnasiums nachholte, konnte er schließlich studieren. Nach dem Diplom promovierte er 1942 am Lebedew-Institut der Akademie der Wissenschaften der UdSSR zum Doktor der Physik. Während der Stalinära forderte der im Sowjetkommunismus grassierende Antisemitismus immer mehr Opfer. Die jüdische Abstammung von Ginsburg verhinderte in diesem vergifteten Klima eine Ernennung zum Professor, obwohl er seit Kriegsende Vorlesungen gehalten hatte. Der Grund, warum Ginsburg keine weiteren Repressalien erleiden musste, war seine enge Zusammenarbeit mit dem Atomphysiker Andrei Sacharow. Diese Arbeitsgruppe entwickelte die sowjetische Wasserstoffbombe.

Ginsburg war ein mathematisch-physikalisches Genie. Er erhielt für seine mehr als 400 wissenschaftlichen Arbeiten den Stalinpreis, den Leninpreis und die Goldmedaille der Royal Astronomical Society. Er wurde 1971 sogar Mitglied der „American Academy of Arts and Sciences“. 1950 entwickelte Ginsburg zusammen mit Lew Landau eine Theorie der Supraleitung (Ginsburg-Landau-Theorie). Die Supraleitung ist ein Temperaturhänomen. Der elektrische Widerstand eines Drahtes sinkt mit der Temperatur. In der Nähe des absoluten Nullpunktes (-273,15 °C) bricht der Widerstand völlig zusammen, der elektrische Strom kann ohne Energieverlust fließen. Ginsburg und Landau lieferten für diesen Effekt die quantenmechanische Beschreibung, mit deren Hilfe zahlreiche Phänomene der Supraleitung und der Festkörperphysik erklärt werden können.

Für seinen epochalen Beitrag zum Verständnis der Supraleitung erhielt Ginsburg im Jahr 2003 gemeinsam mit Alexei Abrikossow und Anthony Leggett den Nobelpreis für Physik. 2009 starb Ginsburg in Moskau.

Witali Lasarewitsch Ginsburg wurde nach dem gregorianischen Kalender am 4. Oktober 1916 oder am 21. September 1916 nach dem in dieser Region noch verwendeten julianischen Kalender in Moskau geboren. Physiker stoßen in diesen Tagen auf den 100. Geburtstag eines eher unbekannten aber großen Nobelpreisträgers an.




Quanten

© 2016 Rudolf Öller, Bregenz



Frontpage Übersicht Sitemap Joker Kontakt und Videos
1996 1997 1998 1999 2000
2001 2002 2003 2004 2005
2006 2007 2008 2009 2010
2011 2012 2013 2014 2015
2016 2017 2018 2019 2020
2021 2022 2023 2024

Helden der Wissenschaft:
Werner von Siemens
(1816-1892)
war eine beeindruckende Unternehmerpersönlichkeit, der es mit der Entdeckung des dynamoelektrischen Prinzips möglich machte, Unmengen an elektrischer Energie zu erzeugen.

Silvia liest

Rudolf Oeller:

"Theke, Antitheke, Syntheke"
(Thriller über eine tragikomische Stammtischrunde auf dem Weg in den Tod)
Verlag novum, Zürich. ISBN 978-3-99130-025-0

"Wir waren eine großartige Bande von Stammtischbrüdern an der deutsch-österreichischen Grenze, auch zwei Stammtischschwestern waren dabei. Wir pfiffen auf alle Corona-Bestimmungen und trafen uns an jedem Freitag – eine verschworene Truppe, fast schon ein Dream Team. Drink Team trifft es allerdings besser. Voll Hoffnung starteten wir ins Coronajahr 2020, am Ende wurde es eine teils fröhliche, teils depressive Reise in den kollektiven Tod."

Das Buch ist bei Amazon, bei anderen Online-Händlern, beim Verlag und auch im Buchhandel erhältlich.

Interview zum Buch