Welt der Naturwissenschaften
(Scientific Medley)

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Die Volksbegeisterung in unsern letzten Freiheitskriegen ward wie die Jungfrau von Orleans unter ihrer eigenen Fahne begraben.
(Wolfgang Menzel)


28. März 2024


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DER PROGRAMMIERTE TOD

Kinder, die an Progerie erkrankt sind, sehen aus wie Fabelwesen. Es handelt sich um kleine Greise, die in rasendem Tempo verfallen und die im Alter von 10 Jahren an Herzschwäche, an Organversagen und anderen Krankheiten leiden, die üblicherweise erst gegen Lebensende auftreten. Progerie-Kinder sterben meist zwischen dem 10. und 15. Lebensjahr an Herzinfarkt oder Hirnschlag. Progerie wurde vor etwas mehr als 100 Jahren von den britischen Ärzten Jonathan Hutchinson und Hastings Gilford beschrieben. Die Krankheit heißt im Fachjargon "Progeria infantilis" oder auch "Hutchinson-Gilford-Syndrom". Die ersten Symptome der Krankheit zeigen sich schon im Alter von wenigen Monaten in Form einer dünnen, schuppigen Haut. Im 3. Lebensjahr wird die Krankheit allgemein und deutlich sichtbar. Die Haare fallen aus, auf der Haut zeigen sich dunkle Pigmentflecken, die Gelenke versteifen. Da die Kinder keine Sexualhormone bilden, bleiben Muskel- und Knochenwachstum zurück, und die Pubertät wird nie erreicht.

Progeriekinder sind in letzter Zeit in den Mittelpunkt des Interesses der Genetiker gerückt. Obwohl man die Ursachen der Krankheit noch nicht sicher kennt, zweifeln heute weder Genetiker noch Fachärzte daran, dass es sich um eine spontan auftretende genetische Fehlsteuerung handelt. Das hört sich alles enorm wissenschaftlich an, daher stößt es auf wenig Interesse. Die Theorie der Fachleute enthält aber eine klare Botschaft. Im Grunde sagen uns die Progerie-Kinder laut übereinstimmender Meinung der Biologen nichts anderes, als dass das Altern kein natürlicher Verschleiß sondern ein genetisch festgelegtes Konzept ist. Wir können durch medizinische Versorgung und eine gesunde Lebensweise bis an die oberen Grenzen unserer biologischen Programmierung gehen, wir können das Programm jedoch unmöglich austricksen.

Scharlatane und Quacksalber machen längst mit der Angst vor dem Alter ein Milliardengeschäft. In einem öffentlichen Appell haben 51 amerikanische Altersforscher kürzlich vor der Nutzlosigkeit, ja sogar der gesundheitlichen Gefährlichkeit von Mitteln gegen das Altern (so genannte "Anti-Aging-Mittel") gewarnt. Nach sämtlichen wissenschaftlichen Erkenntnissen lässt sich der ablaufende Alterungsprozess durch kein einziges der angepriesenen Mittel aufhalten. Wenn wir es auch nicht gerne hören wollen: Altern und Tod sind vorprogrammiert. Das Sterben ist im genetischen Spielplan des Lebens festgeschrieben, und dies hat - auch jenseits jeder Religion und Philosophie - durchaus seinen Sinn.

Fackel in der Finsternis
Der nukleare Tod
Der programmierte Tod (1998)
Bild der Wissenschaft

© 2002 Rudolf Öller, Bregenz


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Helden der Wissenschaft:
Hermann von Helmholtz
(1821-1894)
war Arzt, Physiologe, Physiker, Philosoph, kurzum ein Universalgelehrter, wie es ihn heute nicht mehr gibt. Er war in der Medizin, in der Physik und in der Biologie zu Hause. Respekt!

Silvia liest

Rudolf Oeller:

"Theke, Antitheke, Syntheke"
(Thriller über eine tragikomische Stammtischrunde auf dem Weg in den Tod)
Verlag novum, Zürich. ISBN 978-3-99130-025-0

"Wir waren eine großartige Bande von Stammtischbrüdern an der deutsch-österreichischen Grenze, auch zwei Stammtischschwestern waren dabei. Wir pfiffen auf alle Corona-Bestimmungen und trafen uns an jedem Freitag – eine verschworene Truppe, fast schon ein Dream Team. Drink Team trifft es allerdings besser. Voll Hoffnung starteten wir ins Coronajahr 2020, am Ende wurde es eine teils fröhliche, teils depressive Reise in den kollektiven Tod."

Das Buch ist bei Amazon, bei anderen Online-Händlern, beim Verlag und auch im Buchhandel erhältlich.

Interview zum Buch